Für „gute ordnung und policey“ und „dem gemeinen nutzen zum besten“. Die Ghettoisierung der Mainzer Juden unter Kurfürst Johann Philipp von Schönborn (1649-1673)


Am 12. November 1671 wurden die in der kurfürstlichen Residenzstadt Mainz lebenden Juden auf zehn Familien begrenzt und in ein eigenes abgeschlossenes Wohnviertel eingewiesen. Diese Maßnahme beendete die Phase des vergleichsweise freien ‚Wohnens und Wirtschaftens‘ der Mainzer Juden, die seit 1604 in der gesamten Stadt Immobilien als Eigentum erwerben durften und durch keine besonderen Berufs- bzw. Handelsbeschränkungen benachteiligt waren.
Spätestens seit Ende des Dreißigjährigen Krieges hatten sich Mainzer Juden als Eigentümer von gut gelegenen Wohnhäusern und als Geschäftsleute im städtischen Wirtschaftsleben etabliert. Trotz dieser „Stadtsässigkeit“  waren sie allerdings nicht als ebenbürtige Mitbürger akzeptiert und es mehrten sich – auch aufgrund der knappen Wohn- und Wirtschafts¬ressourcen – die Klagen gegen die jüdische Konkurrenz. Zudem erhöhten Forderungen von Stadtrat und Domkapitel den politischen Druck, so dass sich Kurfürst Johann Philipp von Schönborn schließlich zum Handeln veranlasst sah.
Doch die Motive des weitsichtigen und mächtigen Landesherrn erschöpften sich dabei nicht etwa nur in Konflikt¬vermeidung und Befriedigung verschiedener Interessengruppen, geschweige denn in religiös motivierten antijüdischen Vorbehalten. Beeinflusst durch seinen Leibarzt und Berater Johann Joachim Becher, den bekannten Frühkameralisten, erschien ihm die Ghettoisierung der Mainzer Juden vielmehr als geradezu ideale innen-, ordnungs- und wirtschaftspolitische Maßnahme! Inwieweit diese aus Sicht des Mainzer Kurfürsten für „gute ordnung und policey“ und „dem gemeinen nutzen zum besten“ erfolgte, versucht der Vortrag nachzuzeichnen.


Ulrich Hausmann, M.A., geb. 1983 in Salmünster/Hessen, Studium der Fächer Mittlere und Neuere Geschichte, Lateinische Philologie, Alte Geschichte und Judaistik in Mainz und Rom (2010 Magister Artium, 2011 Staatsexamen), Magisterarbeit „Wohnen und Wirtschaften der Mainzer Juden im 16. und 17. Jahrhundert“ (Gutenberg-Stipendium der Stadt Mainz und Preis der Ewald Hibbeln-Stiftung). Seit 2003 Mitarbeiter am Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V. (Projekte: „Juden in Kurmainz“ und „Ingelheimer Haderbücher“), 12/2007-/2009 Mitarbeiter im Projekt „Handbuch zur Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz“ (Bibliographie Frühe Neuzeit)
-05/2011-03/2012: Wissenschaftliche Hilfskraft bei der Digitalen Akademie der ADW Mainz (Projekt: „Medieval Ashkenaz“). Seit10/2011: Studium der Katholischen Theologie an der JGU Mainz (Erweiterungsprüfung Staatsexamen). Seit 11/2011 Wissenschaftliche Hilfskraft am Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden an der Universität Trier (Projekt: „Medieval Ashkenaz“, Bereich: Diözese Mainz). Seit 04/2012 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der KU Eichstätt-Ingolstadt im DFG/FWF-Projekt „Untertanensuppliken an den Reichshofrat unter Kaiser Rudolf II.“ und Assoziiertes Mitglied im Graduiertenkolleg 1728 „Theologie als Wissenschaft“.